Alte Geschichte
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Der Alte Orient im Kontext der Athenischen Demokratie (Habilitationsprojekt)

Habilitationprojekt von Dr. Claudia Horst

Ausgehend von der Kulturtransferforschung, die bereits vielfältige Interaktionen zwischen dem Alten Orient und Griechenland in den Bereichen Religion, Literatur und Mythos sichtbar gemacht hat, versucht dieses Projekt der Frage nachzugehen, ob es zwischen Ost und West auch einen Austausch politischer Ideen gab, der für die Entstehung der Athenischen Demokratie relevant gewesen ist.

Wie altorientalistische Forschungsergebnisse zeigen, verfügte auch im Alten Orient das Volk über Handlungsspielräume, die das eigenmächtige Handeln der Könige begrenzen konnten. Konstituiert wurden diese Räume beispielsweise durch städtische Versammlungen, in denen das Volk seinen Willen artikulieren und auf Entscheidungen des Königs Einfluss nehmen konnte.

 Fluttäfelchen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Flutbericht im Gilgamesch-Epos enthält bereits eine Kritik an autoritären Herrschaftsformen

Doch politische Macht entfaltet sich nicht nur auf der Ebene von Institutionen, sondern auch in den im Tiefengewebe der Gesellschaft verankerten mentalen Strukturen, Normen und Menschenbildern.

Auf der Ebene der sozialen Interaktion entsteht zuerst die Kritik, die zu politischen Gegenkulturen und Oppositionen führen kann. Im Alten Orient waren die Weisheits- und die Klageliteratur entscheidende Medien wirkmächtiger politischer Gegenkulturen, die nicht nur gegenüber den Herrschern und ihrer Machtausübung, sondern auch gegenüber den Göttern Kritik artikulieren konnten.

 claudia_himmelsstier

 

 

 

 

 

 

 

 

Links: Theseus und Minotaurus; Rechts: Himmelsstier - Es ist das Ziel demokratischer Herrschaftsformen, Gewalt zu domestizieren

In Anknüpfung an neuere politikwissenschaftliche Überlegungen, die zwischen hierarchischen Machtbeziehungen und demokratischen Strukturen keinen Widerspruch, sondern einen immer vorhandenen Zusammenhang erkennen, soll untersucht werden, wie demokratische Politik mit Herrschaft umgeht, sie einhegt und begrenzt. Repräsentation wird dabei als ein Faktum, aber als ein immer umstrittenes Faktum betrachtet, da das Volk beständig um die Angemessenheit seiner eigenen Repräsentation kämpfen muss.

Vor diesem Hintergrund wird schließlich auch die Athenische Demokratie untersucht, die ebenfalls das Ideal demokratischer Gleichheit in einem System verteidigen musste, das von sozialer Ungleichheit und hierarchischen Machtbeziehungen bestimmt war.

 

Eukrates Stele - Der demos ist der König

Betrachtet werden wiederum nicht nur die Institutionen der Demokratie, sondern auch die erzieherischen Funktionen des Theaters sowie die der Gerichte, die ebenfalls das Ziel hatten, demokratische Normen und Lebensformen zu etablieren.
Die Frage, inwieweit das in der altorientalischen Literatur gespeicherte Erfahrungswissen über autoritäre und demokratische Herrschaftsformen den Griechen die Möglichkeit gab, ihre Demokratie mit großen Schritten voranzutreiben, wird abschließend zu beurteilen sein.

 

 

 

 

 

Weitere mit diesem Forschungsvorhaben verbundene Projekte:


1) Ausstellung

Vom 15. September bis zum 12. November 2015 wurde im Haus der Wissenschaft in Bremen eine Ausstellung zu dem Thema „Demokratie – Macht – Emotion. Der Alte Orient als Vorbild für die Athenische Demokratie“ gezeigt. Die Ausstellung wurde gemeinsam mit Studierenden der Universität Bremen durchgeführt.

2) Tagung

Vom 03. bis zum 04. Juni 2016 hat eine internationale und interdisziplinäre Tagung zu dem Thema „Der Alte Orient und die Entstehung der Athenischen Demokratie“ stattgefunden. Gefördert wurde die Tagung von dem Hanse-Wissenschaftskolleg und der Fritz Thyssen-Stiftung.

3) Workshop

Im April 2020 wird ein zusammen mit Stéphanie Anthonioz geleiteter Workshop zu dem Thema „The Image of the Good Shepherd - Modes of Governance in Antiquity“ an der École biblique et archéologique française in Jerusalem stattfinden.