Alte Geschichte
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Im „Garten der Qualen“? Die Todesstrafe in Denk- und Handlungsräumen der Spätantike

Betreuer: Prof. Dr. Martin Zimmermann, Prof. Dr. Jens-Uwe Krause

Die Römer sind nicht gerade für ihre Nachsicht gegenüber Straftätern bekannt geworden. Vor allem während der Spätantike (4.-6. Jh. n. Chr.) sollen sie besonders brutal und entschlossen gegen diejenigen vorgegangen sein, die auf der falschen Seite des Gesetzes standen. Denn mit dem Übergang von der hohen Kaiserzeit zur Spätantike seien in Folge von Krieg, Armut und dem Aufflammen gesellschaftlicher Konflikte soziale und politische Räume entstanden, die individuelle und staatliche Gewaltakte zu zentralen Handlungsressourcen werden ließen. Die steigende Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung habe einen restlos überforderten Staatsapparat zunehmend genötigt, auf immer geringere Vergehen immer härtere Strafen zu verhängen; eine Gewaltspirale, die durch vermeintlich despotische Machthaber und ihren grausamen Beamtenstab angekurbelt wurde, bis der Umfang staatlicher Gewalt ein bis dahin nie dagewesenes Maß erreicht habe. Doch trifft das wirklich zu? Trotz dieses schlechten Leumunds verschwindet im 4./5. Jh. n. Chr. eine Reihe grausamer Hinrichtungsformen wie die Arenastrafen oder die Kreuzigung aus dem Strafarsenal, als milder empfundene Strafen wie Verstümmelungen und im äußersten Fall Enthauptungen gewinnen sogar an Bedeutung, staatliche Zwangsmittel werden nun insbesondere von christlichen Autoritäten hinterfragt und bisweilen von der Bevölkerung vereitelt – Zweifel an der berüchtigten spätantiken Staatsräson kommen auf.

Crucifixion 1965, Francis Bacon (C)Francis Bacon
Francis Bacon, Three Studies for a Crucifixion (1965)
Bayerische Staatsgemäldesammlung, München

Mein Dissertationsprojekt zu „Todesstrafe in der Spätantike“ will ebenso die Forschungsauffassung eines spätantiken Gewaltregimes einer kritischen Revision unterziehen wie überhaupt einen ersten synthetisierenden Beitrag zum Thema vorlegen, das trotz seines enormen Potenzials für die Kultur- und Sozialgeschichte bis heute keine eingehende Würdigung in einer Monographie erfahren hat. Mit der Spätantike wird dabei eine besonders turbulente Phase in der Geschichte des Römischen Reiches ins Auge gefasst: Im Spannungsfeld von Zentralismus und Regionalismus, von Ost und West, durch den Sieg des Christentums und infolge einer gesteigerten sozialen Mobilität haben sich die praktischen und ideologischen Bedingungen staatlicher Gewalt neu entfaltet. Formen, Funktionen und Auswirkungen dieser Gewalthandlungen sowie ihre kulturelle Wahrnehmung zwischen dem 3. und 6. nachchristlichen Jahrhundert sollen durch eine umfassende Analyse der juristischen und bislang stark vernachlässigten literarischen Quellen untersucht werden. Mit diesem weitgespannten Ansatz möchte die Dissertation den Platz der Todesstrafe in der im Wandel begriffenen Gesellschaft und Kultur der spätantiken Welt bestimmen und so einen Beitrag zum Verständnis vormoderner Strafjustiz leisten.

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p.otting@campus.lmu.de